Märchenhafte Königsstädte
- Durch die Souks von Marrakesch
- Besuch eines Weinguts mit Verkostung
- Baden in Agadir
In unserem komfortablen Reisebus gilt es heute die längste Teilstrecke zu bewältigen. Unser sympathischer Busfahrer ist dabei gleich in zweierlei Hinsicht gefordert. Doch dazu später mehr.
Unsere Etappe führt uns durch das Atlasgebirge, so dass die lange Fahrt landschaftlich so unterschiedlich wie reizvoll ist. Der Mittlere Atlas überrascht dabei nicht nur mit dieser Vielfalt. Denn unser erster Stopp führt uns nach Ifrane – ein Ort, an dem aufgrund seiner Höhenlage Wintersport betrieben werden kann (wenngleich auch nicht unbedingt ganzjährig). Auch die Architektur entspricht nicht unbedingt dem, was wir von Städten auf dieser Gruppenreise durch Marokko gewöhnt sind. Schrägdächer und Backsteinziegel. Viele Häuser könnten genauso in Österreich, der Schweiz oder Deutschland stehen.
Zedernwälder, karge Felsen, fruchtbare Ackerböden – auf der Weiterfahrt zeigt Marokko beinahe alles, was wir in den letzten Tagen gesehen haben.
Gegen Abend erreichen wir Marrakesch – idyllisch vor der Kulisse des Atlasgebirges gelegen. Der Ruf eilt der roten Stadt, wie Marrakesch auch genannt wird, voraus. Seit über 60 Jahren zieht sie Künstler, Schauspieler und Musiker aus der ganzen Welt an. Im Luxushotel La Mamounia gehen Prominente ein und aus. Bevor wir uns einen eigenen Eindruck machen können… stehen wir erst einmal im Stau. Und nein, nicht der Stau, den man morgens vom Arbeitsweg kennt. In Marrakesch ist Stau ein sehr intensives Erlebnis. Fahrzeuge, Räder, Fußgänger und Eselskarren nutzen die Straßen. Ampeln und Verkehrsschilder sind zwar schmückendes Beiwerk, werden aber nur als Anhaltspunkt für das Verhalten im Straßenverkehr angesehen. Deutlich wichtiger: Gesunder Menschenverstand und: die Hupe. Ein Hoch auf unseren Busfahrer, der uns nach der langen Fahrt auch hier seelenruhig und sicher gen Gauklerplatz steuert. Neben dem turbulenten Feierabendverkehr wartet nach unserer ruhigen und komfortablen Busfahrt hier der nächste Kontrast auf uns.
Denn jetzt in den Abendstunden sind nicht nur die Straßen gefüllt, auch der Djemaa el-Fna (wie der Gauklerplatz auf arabisch heißt) platzt aus allen Nähten. Überall drängen sich Menschen, unterhalten sich, feilschen, lachen und machen Fotos. Märchenerzähler, Schlangenbeschwörer und Fliegende Händler buhlen um ein ein großes Publikum. Es wird gesungen, getrommelt und gerufen. Es riecht nach gegrilltem Fleisch und exotischen Gewürzen. Kein Wunder, dass der Gauklerplatz das erste von der UNESCO gekürte immaterielle Erbe der Menschheit war und ist. Auch meinen neuen Spitznamen lerne ich hier kennen: „Ali Baba“ rufen mich die Verkäufer, aufgrund meines Bartes, wenn ich an ihnen vorbeigehe.
Sicher bahnt uns Aziz einen Weg durch all diese Eindrücke. Fast hätten wir in dieser Sinnesflut das Schönste übersehen: den Sonnenuntergang. Er taucht das Minarett der fußläufig erreichbaren Koutoubia-Moschee in leuchtende Farben. Ein schöner Abschluss des Tages und ein aufregender erster Tag in Marrakesch. Wir machen uns auf den Weg in unser Hotel, um beim Abendbuffet gemeinsam die Eindrücke Revue passieren zu lassen. So manche Speicherkarte im Fotoapparat ist mittlerweile voll...
Der Tag beginnt mit einem entspannten Spaziergang. Unser erstes Ziel ist die Koutoubia-Moschee, das höchste Sakralgebäude der Stadt. Mit 77 m ist sie tatsächlich noch in mehreren Kilometern Entfernung sichtbar. Weiter geht es zum Bahia-Palast inklusive des Haremsgartens. Der Bahia-Palast ist der einzige für Besucher geöffnete Königspalast des Landes. Auch wenn das Interieur entfernt wurde lässt sich in den großzügigen Räumlichkeiten auf 8000 m² nachspüren, in welchem Luxus hier einst gelebt wurde.
Zedernholz, aufwendig verzierter Stuck, prächtige Mosaike und die orientalische Architektur mit Innenhöfen und Riads machen den Bahia-Palast zu einem beliebten Ziel. Die Luft ist in den Räumen angenehm, in den Gärten findet man Orangenbäume, Palmen und Blumen.
Unser Mittagessen nehmen wir in der Nähe des Gauklerplatzes auf der Dachterasse eines Restaurants ein. Wir genießen einen wundervollen Blick auf „la place“ und das geschäftige Treiben dort und in den Seitengassen. Für mich ein idealer Augenblick, um - ein vorerst letztes Mal - das marokkanische Festmahl, die Pastilla, zu genießen.
Im Anschluss geleitet uns Aziz noch einmal durch die Souks, die um den Djemaa el-Fna liegen. Auch hier sind die Gassen eng und das Angebot vielfältig – aber so sind wir es ja mittlerweile gewohnt! Nur Verlaufen ist zum Glück nicht so leicht, denn der Gauklerplatz ist immer wieder Orientierungshilfe. Die Verkäufer sind absolut hilfsbereit und weisen einem den Weg, sollte man mal wieder vergessen haben, ob man an der letzten Abzweigung links oder rechts abgebogen ist.
Und so lautet Aziz „Auftrag“ an uns alle dann auch, sich einfach mal durch die Souks treiben zu lassen und beim Souvenirkauf zu feilschen. Für uns Europäer mag gerade letzteres etwas befremdlich wirken, aber letztlich macht es Spaß. Die Händler machen es einem leicht, ein Erfolgsgefühl stellt sich recht schnell ein, wenn man sich auf das Spiel (und viel mehr ist es eigentlich nicht) einlässt. Ich erleichtere meine Reisekasse und habe auf dem Rückweg diverse Mitbringsel und ein breites Grinsen im Gepäck.
Schön war es und so schwelge ich auf dem Rücktransfer zum Flughafen nach Agadir am nächsten Morgen ein wenig in Erinnerungen. Noch einmal führt mich unsere Fahrt bei aufgehender Sonne vorbei am Atlasgebirge, bevor wir den Ausgangspunkt meiner Reise – Agadir – erreichen. Lebendig, landschaftlich vielfältig, manchmal fremd – Marokko ist vieles, aber vor allem immer faszinierend.
Zwei Tipps zum Abschluss habe ich noch für alle, die so viel Text gelesen haben...
Natürlich gibt es auch Supermärkte in Marokko. Und es gibt kleinere Geschäfte mit Preisauszeichnungen. Aber generell gilt: Der Preis entsteht im Moment. Was auf viele befremdlich oder sogar unangenehm wirkt, ist dabei eigentlich ein Spiel, bei dem Verkäufer und Käufer eine Bindung aufbauen. Dazu gehört das folgende „Regelwerk“: Bleib‘ immer freundlich und höflich. Lache viel mit dem Verkäufer und schenk‘ ihm Aufmerksamkeit.
„Die Europäer haben die Uhren, wir haben die Zeit“ - lautet ein marokkanisches Sprichwort und es gilt in dieser Situation. Man nimmt sich ein bisschen Zeit (und Beharrlichkeit) und schon ist das Gepäck um ein schönes Souvenir reicher...
Kein Dienst ohne Gegenleistung. Auch wenn das Wirtschaftssystem weltweit so funktioniert, gilt es in Marokko insbesondere. Auch kleine Gefälligkeiten werden mit einem kleinen Obolus honoriert. Es empfiehlt sich daher immer kleinere Geldbeträge in ausreichender Menge mitzuführen, um sich bei der Frage nach dem Weg, beim Hotelpagen etc. zu bedanken. Ob Euro oder Dirham ist den meisten Marokkanern dabei egal. Du möchtest Menschen fotografieren? Dann frag‘ sie bitte erst um Erlaubnis (wobei das eigentlich nicht nur für Marokko Gültigkeit hat) und bedanke dich nach dem Foto mit ein wenig „Bakschisch“ bei ihnen.